MIDADAS – Wandel

Nichts ist so beständig wie der Wandel.  (Heraklit von Ephesus)

Die Fundaziun Capauliana freut sich in Kooperation mit der Casa d’Angel, Lumbrein die Ausstellung „MIDADAS – WANDEL“ zu präsentieren. 

Gezeigt werden neben zahlreichen Reproduktionen „Schnappschüsse“ des ehemaligen Churer Redaktors Charly Bieler, die in den letzten drei Jahren während seiner zahlreichen Reisen in das Val Lumnezia entstanden sind um die Veränderungen des Tales im direkten Vergleich zu veranschaulichen. Daneben zeigen Originalbilder aus der Sammlung der Fundaziun Capauliana, arrangiert in einer sogenannten „Petersburger Hängung“, eine Werkauswahl, die sich thematisch mit dem Wandel der Lebensverhältnisse in der Region auseinandersetzt. 

Regional verortete Künstler wie Alois Carigiet aber auch Wandermaler liessen sich Zeit Ihres Lebens von der Schönheit der Surselva inspirieren und setzten Ihre eigene Interpretation von der „rauen Lebensweise“ künstlerisch um. Neben den verschiedenen Maltechniken, die dabei zu bestaunen sind, spielt auch die Entstehungszeit der ausgestellten Bilder eine wichtige Rolle. So ist das älteste gezeigte Werk von 1865 und das Jüngste von 1973. Die Ausstellung „MIDADAS -WANDEL“ versteht sich als eine Art Zeitreise, die die harte Lebenswelt der Vergangenheit bildlich darstellt, den Wandel durch den Einzug moderner Technologien nachvollzieht und Einblicke in das heutige Leben der Talbewohner gewährt. Die gezeigten Kontraste erlauben  so, sich der „Seele“ des Tales anzunähern. 

Diese „Seele“ und die Region Surselva war und ist dabei in hohem Masse von der Landwirtschaft geprägt, die es den Bewohnern in früheren Zeiten gestattete manchmal mehr „schlecht als recht“ zu überleben und in direktem Zusammenhang mit der Landflucht steht, die nicht erst zu Zeiten Alois Carigiets zu beobachten war. Demgegenüber bietet die Surselva aber auch wunderbare Naturschauspiele und eindrückliche Stimmungen wie etwa das fast schon sprichwörtliche Lichtspiel im Val Lumnezia (das Tal des Lichts) das damals wie heute Künstler und Alpinisten gleichermassen anzog. So bleibt das Val Lumnezia eine Region, die sich stets neu definieren musste, sich stetig im Wandel befand und auch in Zukunft von den innovativen Ideen ihrer Bewohner abhängig ist. So gesehen ist der Wandel die eigentliche Konstante des Tales. 

Doch wie war und ist es hier zu leben? Wo liegt die Wahrheit: Bergidyll oder raue Wirklichkeit?

Die thematische Ausstellung „MIDADAS – WANDEL“ stellt den „Wandel der Zeit“ mit Hilfe von fotografischen Aufnahmen in den Mittelpunkt und kontrastiert auf diese Weise das Leben und den Wandel des Val Lumnezia.

Sollte man etwa meinen, dass sich Ortsbilder im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit wandelten, kann man hier eines Besseren belehrt werden. Manche Ortsbilder der Region sehen aus wie vor 100 Jahren, andere sind kaum wieder zu erkennen. Und manchmal ist der ursprüngliche Standort des Künstlers aufgrund von Umweltgegebenheiten oder baulichen Massnahmen gar nicht mehr zugänglich. 

Anders in der Landwirtschaft oder im alltäglichen Leben: Nirgends zeigen sich die Veränderungen so eindrücklich wie in diesem Lebensbereich. Wurde früher noch an öffentlichen Backöfen zu jeder Witterung Brot gebacken, ist es heute selbstverständlich, dass die Küche mit einem Backofen ausgestattet ist.

Und: Denken Sie einmal darüber nach wie sich das Kindsein innert der letzten Jahrzehnte verändert hat!

In den unteren Ausstellungsräumen werden genau diese Unterschiede und Kontraste beleuchtet. Sie sollen zum Einen darauf aufmerksam machen, wie anspruchsvoll das Bergleben war, zum Anderen zum Nachdenken über „das Gestern und Heute“ anregen. Vieles was heute selbstverständlich ist, war früher mit kräftezehrender Arbeit verbunden und weit entfernt von der romantisch verklärten Vorstellung des Berglebens.

In den oberen Ausstellungsräumlichkeiten der Casa d’Angel steht der zweite Teil der Ausstellung klar im Fokus der Modernisierung und dem Einzug der Elektrizität. So zeigt der erste Ausstellungsraum Aquarelle des Künstlers Georg Peter Luck aus dem Jahr 1956, die den Staudammbau Zervreila in Vals dokumentarisch festhalten. Der zweite Raum widmet sich mit Fotografien und historischen Objekten dem 100 jährigen Jubiläum des Elektrizitätswerkes Lumbrein.

Grundsätzlich ist die Errichtung eines Stauwerks anhand von Fotoreportagen und Tonaufnahmen hervorragend dokumentiert. Auch der durch seine Landschaftsmalereien bekannte Künstler Georg Peter Luck (1920 – 1995) liess sich vom Einzug dieser modernen Technologie begeistern. In der in der Ausstellung zu bestaunenden Werkserie nimmt Luck Abstand von der klassischen Landschaftsmalerei und widmet sich auf eindrückliche und anschauliche Weise dem Wandel des Landschaftsbildes durch den Eingriff der modernen Technologie. Zu sehen sind Aquarelle, die die verschiedenen Bauschritte des Staudammbaus festhalten und zum Teil die Arbeitsprozesse detailliert darstellen.

Die entstandenen Werke gewähren so Einblicke, die normalerweise nur anhand von Fotodokumentationen möglich sind, wählte der Maler doch grösstenteils Perspektiven in denen er mit seiner Staffelei direkt hinter den Arbeitern zu stehen scheint. Luck dokumentiert auf diese Weise nicht nur den Einzug der Moderne, er macht auch auf den Wandel des Landschaftsbildes aufmerksam und die damit einhergehende Veränderung der Lebenswelt der dort ansässigen Bevölkerung. Durch den Eingriff des Menschen in die Natur verschwinden wie im Zervreila-Gebiet ganze Dörfer und Lebensgrundlagen. Auf der anderen Seite wird durch den Bau neue Infrastruktur gewonnen, Strassen, Seilbahnen, Tunnel, Stromleitungen und Zementfabriken entstehen. Sie wiederum bringen Arbeitsplätze in ein rurales Gebiet und nach Beendigung des Baus beginnt die Umnutzung der gewonnenen Infrastruktur etwa als Zugangsstrassen, die für den Tourismus bis heute von zentraler Bedeutung sind. 

Der Staudammbau in Zervreila war zwar viele Jahre verhandelt worden, dennoch ist er für die Region bis heute von enormer Wichtigkeit, konnte nur so die benötigte Elektrizität in der Region dauerhaft gewährleistet werden. Bereits 1916 besass die Gemeinde Vals ein kleines Wasserkraftwerk mit zwei Turbinen und zwei Generatoren. Aufgrund von Zuflussproblemen konnte zu dieser Zeit meist nur eine Turbine betrieben werden. Dies hatte zur Folge, dass das Kraftwerk häufig zu wenig Elektrizität lieferte und die Dorfbewohner so oft im Dunkeln ausharren mussten. Mit der Gründung der Kraftwerk Zervreila AG im Jahre 1948 und der Einweihung des imposanten Staudamms 10 Jahre später hielt die Moderne endgültig Einzug in die Region und veränderte das Leben der Bewohner von Grund auf.

„Um klar zu sehen, genügt oft ein Wandel der Blickrichtung.“ (Antoine de Saint Exupéry)